Fußwallfahrt 2005

action spurensuche
auf dem Weg nach Jerusalem

" Ich freute mich, als man mir sagte, zum Haus des Herrn wollen wir pil­gern." Eine kleine Männerschola singt diesen Psalmvers im Kreuzgarten der Ellwanger Basilika. An den vier Seiten erkennt man je drei farbige Tore. Goldene Wege kreuzen das grüne Gras und laufen auf Brunnen und Altar zu. An der Außenseite der Liebfrauenkapelle stehen zwölf prächtige Edelsteine. "Von zwölf Perlen sind die Tore" - und damit ist auch das Rätsel gelüftet. Der Kreuzgang wurde von der Wallfahrergruppe kurzerhand zum himmlischen Jerusalem umgestaltet. 30 Dauerwallfahrer und ebenso viele Sonntagswallfahrer feiern gerade mit der Gemeinde die Abschlussmesse der 14ten Fußwallfahrt auf den Spuren Philipp Jeningens von Eichstätt nach Ellwangen. Sechs Tage lang hatte sich die Gruppe intensiv mit dem Wallfahrtspsalter beschäftigt. Das sind 15 Lieder aus dem Buch der Psalmen, die Jerusalemwallfahrer bereits im 4. Jahrhundert vor Christus als Pilgerbrevier auf kleinen Papyrusrollen verwendeten. Sie werden auch "Lieder der Erhebung" genannt, weil sie auf den Stufen des Tempels gesungen wurden. Erhebend waren auch die Erfahrungen der Philipp-Pilger: eintauchen in die Weisheit der Psalmen, die Brücke zum Alltag schlagen, Gemeinschaft erleben, sich im Glauben zusammen­ und auseinandersetzen, die alten Lieder kreativ und ideenreich umsetzen in Rollenspielen und Basteleien und jene Geborgenheit in der Gruppe erfahren, die eben auch der Stadt Jerusalem zugeschrieben wird: "Er bittet für Jerusalem Frieden! Wer dich liebt, sei in dir geborgen." (Ps 122,6)

Viele gingen den Weg vom Altmühltal durchs Nördlinger Ries in den Virngrund mit: mancher "Party­Service", der uns mit Essen versorgte; zwei Busse voll Besucher bei der Station in Wemding; treue Beterinnen und Beter, die abends am Grab des guten Pater Philipps das Tagesthema der Wallfahrt bedachten; Eltern mit Kindern, die zum neuen "Familientag" am Samstag zur Gruppe hinzu stießen. Nach einer Psalmübersetzung Martin Bubers gibt es nicht nur Wege draußen, sondern auch "Pilgerstraßen im Herzen". In diesem Sinne ging und sang die vierstimmigen Durchhaltelieder beim Weg durch die herrliche und zunehmend sonnige Landschaft noch einer mit, sozusagen von einer höheren Warte aus: der kurz vor der Wallfahrt verstorbene und der "action spuren­suche" eng verbundene Pfarrer Patriz Hauser. Ein Organist korrigierte in einem Seminar zu Johann Sebastian Bach neulich einen Kursteilnehmer, der die hohen Frauenstimmen einfach dem Himmel und die tiefen der Erde zugeordnet hatte: "Es gibt auch Engel, die Bass singen."

Wolfgang Steffel